J. Picard u.a. (Hrsg.): Jüdischer Kulturraum Aargau

Cover
Titel
Jüdischer Kulturraum Aargau.


Herausgeber
Jacques Picard; Angela Bhend
Erschienen
Baden 2020: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
528
Preis
CHF 59.00
von
Rolf Weibel

Die jüdische Kultur hat Wichtiges zur europäischen Kulturgeschichte beigetragen. Der Europarat hat darum mit seiner Route des jüdischen Erbes repräsentative Stätten dieses Teils der europäischen Kultur-, Religions- und Kunstgeschichte miteinander verbunden und so auch touristisch erschlossen. In der Schweiz trägt dazu der regionale jüdische Kulturweg Endingen-Lengnau bei. Im vorliegenden Sammelband wird nicht allein das Surbtal, durch das dieser regionale Kulturweg führt, sondern der ganze Kanton Aargau als jüdischer Kulturraum dargestellt.
Die über fünfzig Darstellungen zum aargauisch-jüdischen Kulturraum sind in acht Themenfelder gruppiert. In der «Einleitung» skizzieren der Herausgeber und die Herausgeberin Geschichte und Gegenwart aargauischer und jüdischer Lebenswelten zwischen historischer Wirklichkeit und kultureller Metapher. Das jüdische Surbtal im Kontext der aargauischen Erinnerungskultur und das Surbtal im Kontext jüdischer Geschichtsbetrachtung im 19. Jahrhundert sind weitere Themen. Betrachtet werden auch die jüdischen Nachbarschaften, die sich entlang des Rheins im Elsass, in Südbaden, Vorarlberg und in der nördlichen Schweiz befunden haben und die kulturgeschichtlich als alemannisches Judentum gefasst werden. Weil von diesem alemannischen Landjudentum nach dem Holocaust nichts übrig blieb, musste man in der Schweiz «schmerzhaft lernen, mit der kulturellen Leere zu leben» (43).
Das Themenfeld «Aus dem Aargau in den Aargau. Gestalter und Zeugen in vielschichtiger Zeit» bietet biographische Porträts von Jüdinnen und Juden, die teils aus dem Aargau stammen, teils in den Kanton umgesiedelt oder immer hier geblieben sind. Da begegnet eine Vielfalt von Lebensentwürfen und Lebenswegen: Gabrielle Rosenstein, kulturell wie sozial engagierte Präsidentin des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF); die Politikerin und erste jüdische Bundesrätin Ruth Dreifuss; der Viehhändler Jules Bloch; der Fußballtrainer Fritz Kerr; der Musiker Joel Rubin; der Komponist Ernest Bloch; der Physiker Albert Einstein; der Maler Otto Wyler und der Künstler Walter Jonas.
«Spuren aus Antike und Mittelalter. Juden in einem mehrteiligen Aargau» werden in zwei Miniaturen und einem Themenbeitrag erschlossen. Der Menora-Ring aus Kaiseraugst aus dem 2. bis 4. Jahrhundert birgt allerdings mehr Fragen als Antworten; das Chorfenster der Stadtkirche Zofingen bietet eine deutlich prorömische und antijüdische Darstellung der Kreuzigung. Der Themenartikel bietet eine Übersicht über die Lebensbedingungen der Juden im mittelalterlichen Aargau. Ab Mitte des 13. Jahrhunderts erhielten die aargauischen Städte von den Habsburgern die Erlaubnis, Juden aufzunehmen. Aufgenommen wurden sie indes zögerlich, und am Ende des 15. Jahrhunderts wurde dieses Stadtjudentum weitgehend wieder vertrieben; denn 1489 beschloss die Tagsatzung in Baden, die Juden aus der Eidgenossenschaft zu vertreiben.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts veränderte sich die Situation der Juden in Europa grundlegend. Das Themenfeld «Wege in die Neuzeit und das Wagnis der Moderne» beleuchtet ganz unterschiedliche Aspekte dieser Entwicklung im Aargau. Eine Spurensuche in den ehemaligen Schweizer «Judendörfern» geht Orten und Bauten nach, die für die Surbtaler Juden und Jüdinnen von Bedeutung waren. Es sind Bauten, die auf dem Kulturweg besucht werden können – außer der Mazzebäckerei in Lengnau: das Gebäude wurde abgerissen. Im Beitrag «Zurzacher Messen im Gerede. Der alte Marktort als Stoff neuer Legenden und Prozesse» werden literarische Motive einer jüdischen Heiligenlegende aus dem 19. Jahrhundert, die sich verselbständigt haben, historisch verortet. Ein Überblick über die Geschichte der Surbtaler Juden und ihr Umfeld vom 17. Jahrhundert bis zu den Anfängen des Kantons Aargau, der unter dem Titel «Konfessionalismus und Konvivenz» vorliegt, musste mit verschiedenen Schwierigkeiten zurechtkommen. Zur Knappheit der Quellen kommt der Umstand, dass vor 1803 das Gebiet des heutigen Kantons Aargau in unterschiedliche politische Territorien unterteilt war, die – wie die Herrschaften, denen sie unterstanden – variierten. Das spielte für die dort ansässigen Juden eine wichtige Rolle.
Die Übergangsperiode von Ancien Régime, Helvetischer Republik, napoleonischer Mediation und konservativer Restauration in bezug auf die jüdische Bevölkerung wird anhand der Vita von Wolf Dreyfuss, Financier der Helvetischen Republik, dargestellt. In der Helvetischen Republik wurden den Juden noch keine Bürgerrechte verliehen, zu wirksam waren die über Jahrhunderte eingeübten Stereotype. So steht der Beitrag über den steinigen Weg zur Gleichstellung der Schweizer Juden denn auch unter dem Titel «Emanzipation als ‹sittliche Verbesserung›». Erst bilaterale Handelsverträge führten zur rechtlichen Emanzipation; die gesellschaftliche Anerkennung stand damit aber erst am Anfang. Wie in jüdischen Landgemeinden Modernisierung rezipiert wurde, zeigt eine biographische Skizze des reformorientierten Endingener Lehrers Marcus Getsch Dreifuss. Ein weiterer Beitrag zeigt, wie Augustin Keller als Befürworter der rechtlichen Gleichstellung der Juden vom Berner Universitätsprofessor Moritz Lazarus unterstützt wurde.
Ein Blick auf den Schatz der 218 Tora-Wimpel aus Lengnau, die sich im Jüdischen Museum in Basel befinden, lässt den kulturellen Reichtum des Landjudentums erahnen. Beschlossen wird dieser Thementeil mit einer informativen Übersicht der Rabbiner im Surbtal vom 17. bis 20. Jahrhundert.
Aspekte des neuartigen Zusammenlebens in der bürgerlichen Gesellschaft werden im Themenfeld «Konvivenzen und Konflikte in der bürgerlichen Gesellschaft» beleuchtet. Zunächst wird anhand der Werkgruppe «Lengnauer Bilderzyklus» von Alis Guggenheim (1896–1958) an das alltägliche Dorfleben, jüdisches Familienleben und jüdisch-christliches Zusammenleben an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erinnert. Nahe am Alltag sind auch die «Trouvaillen aus dem Surbtal», verschiedene Materialien zur Lokalgeschichte.
Dann weitet sich der Blick auf ländliches jüdisches Leben außerhalb des Surbtals, namentlich in Wohlen, Oftringen und Hirschthal, indem aufgezeigt wird, «wann Juden wohin zogen, womit sie sich beschäftigten, wie sie lebten, wie ihre Beziehungen zur nichtjüdischen Umwelt waren und wie sie das Judentum praktizierten» (245). Anschließend wird der ganze Kanton Aargau zwischen 1830 und 2000 überblickt: im Jahr 1850 wohnten außerhalb des Surbtals erst 50 Juden und Jüdinnen, wobei Baden an der Spitze war; Ende der 1850er Jahre wohnten um die 300 Juden und Jüdinnen außerhalb Lengnau und Endingen. Mit der Niederlassungsfreiheit von 1866 begannen jüdische Surbtaler auszuwandern, und der Anteil der städtischen jüdischen Bevölkerung stieg stark an. Der Rückgang der jüdischen Bevölkerung im Surbtal führte unter anderem zu Schulzusammenlegungen: Endingen hatte bis 1869 eine katholische, eine reformierte und eine jüdische Schule. Anderseits erlebten die Städte zwischen 1870 und 1920 ein Wachstum der jüdischen Einwohnerschaft; dabei wurde die Bäderstadt Baden Zentrumsort des schweizerischen Judentums. Schon in den Vorkriegsjahren mussten die Aargauer wie die Schweizer Juden mit einem «versteckten Antijudaismus» leben; zur größten Herausforderung für die Schweizer Juden wurde dann die Flüchtlingshilfe. Die Abwanderung der jüdischen Bevölkerung aus den beiden Surbtaler Gemeinden hatte sich im 20. Jahrhundert nochmals so beschleunigt, dass nicht nur der jüdische Kulturraum Surbtal, sondern der jüdische Kulturraum Aargau sich vom Lebensmittelpunkt zum Erinnerungsort wandelte.
Weitere Beiträge beleuchten besondere Aspekte des jüdischen Lebens im Aargau. Der eine stellt ostjüdisches Leben in Baden vor: im Rahmen der allgemeinen Emigration von Juden aus osteuropäischen Gebieten zogen spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts auch sogenannte Ostjuden in den Aargau. Die Ostjuden wurden aufgrund ihrer Sprache, ihres Benehmens und ihrer Kleidung als deutlich erkennbare Andersartige wahrgenommen und erfuhren deshalb nicht nur gesellschaftliche, sondern auch innerjüdische Ablehnung. Eine ostjudenfeindliche Haltung der Zürcher Behörden während und nach dem Ersten Weltkrieg trug dazu bei, dass jüdische Familien aus Osteuropa in Baden Zuflucht fanden.
Ein weiterer Beitrag befasst sich mit den beiden ersten außerhalb von Lengnau und Endingen entstandenen jüdischen Aargauer Gemeinden, dem 1859 gegründeten Cultusverein Baden und der 1866 gegründeten Israelitischen Cultusgenossenschaft Bremgarten. Der Aufbau der Gemeinde Baden war von Spannungen zwischen Gruppen unterschiedlicher religiöser Ausrichtung geprägt. 1879 konnte die Gemeinde ihren eigenen Friedhof erstellen, und um 1910 plante sie den Bau einer eigenen Synagoge. Ausgeführt wurde der Plan vom Architekturbüro Dorer und Füchslin, die 1903 schon das jüdische Altersasyl in Lengnau gebaut hatten. Otto Dorer, ein Schüler Gottfried Sempers, hat in Baden den von Semper geforderten Zentralbau für die Bauaufgabe der Synagoge realisiert, stellt der Architekt Ron Epstein-Mil fest. Baden ist heute eine aktive jüdische Kleingemeinde und Mitglied des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG); auch die Kleinstgemeinde Bremgarten, ein Verein mit wenigen Mitgliedern, ist Mitglied des SIG.
Abgerundet wird das Themenfeld mit der Vorstellung des Brugger Verlobungsbuches von 1907, einem einzigartigen Dokument jüdischer und schweizerischer Kultur- und Sozialgeschichte, heute im Jüdischen Museum Basel.
Das Themenfeld «Aus dem Aargau, in den Aargau. Stimmen und Stimmungen des Wandels» zeigt anhand von Porträts, wie jüdische Aargauer und Aargauerinnen Wege in die Welt gegangen sind und wie Juden und Jüdinnen den Weg in den Aargau gefunden haben. In dieser Galerie finden sich Kunstförderer und -händler wie die Brüder Bollag, Gustave (1873–1953) und Léon (1876–1958), hervorragend Solomon R. Guggenheim (1861–1949), zu dessen Sammlung die bedeutendsten Werke der klassischen Moderne gehören. Unter den Kunstschaffenden findet sich der namhafte Regisseur William Wyler (1902–1981), einer der erfolgreichsten Filmregisseure Amerikas; sein bekanntestes Werk ist wohl «Ben Hur» (1959) mit Kirk Douglas. Dazu gesellt sich der Schriftsteller Kurt Guggenheim (1895–1983), «der Chronist und Ethnograf der Weltkriegsgeneration». Der aus Budapest stammende Musiker János Tamás (1936–1995) spielte im musikalischen Leben im Aargau eine wichtige Rolle. Willy Guggenheim (1900–1977) verfasste kulturkritische Schriften und ist unter dem Pseudonym Varlin als Maler bekannt. Der mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis geehrte Schriftsteller Max Picard (1888–1965) ist in Vergessenheit geraten.
Zu den wissenschaftlich und reformerisch Tätigen gehört der Rechtsgelehrte Izhak Englard (*1933) aus Ennetbaden, der an der Hebräischen Universität wirkte und 1997 zum Richter am Obersten Gericht von Israel gewählt wurde. Dazu gehört auch der Arzt Henri Picard (1906–1967), der medizinethisch eine Verpflichtung zur Blutspende begründete.
Eine bemerkenswerte Persönlichkeit ist Bea Wyler, 1951 in Wettingen geboren und aufgewachsen, übte bis zu ihrer Pensionierung als erste und bislang einzige Schweizerin den Beruf der Rabbinerin aus, während im Gegensatz zu vielen anderen Ländern eine Frau im Rabbinat in der Schweiz auch heute noch selten ist.
Das Themenfeld «Bewegte Zeiten. Im Zeichen von Krieg, Verfolgung und neuer Aufbruchstimmung» widmet sich der Zeit des Nationalsozialismus und der späteren Nachkriegszeit. Erinnert wird an den wenig erfolgreichen Kampf von Oskar Zumbrunn, Chef der Aargauer Kantonspolizei, gegen Frontisten und Nationalsozialisten. Nach einem Überblick über die Flüchtlingspolitik und -praxis im Aargau werden Einzelschicksale und unterschiedliche Lebenswelten jüdischer Flüchtlinge dargestellt. Ein jüdischer Flüchtling konnte Hotelgast, Gefängnisinsasse oder Schüler sein. «Als entscheidend für den Handlungsspielraum des Einzelnen erwiesen sich fast immer seine finanziellen Möglichkeiten» (400).
In Basel und Zürich wie auch in anderen Schweizer Städten bildete sich in der Zwischenkriegszeit ein vielfältiges jüdisches Jugendbundwesen heraus. In der Nachkriegszeit entwickelte sich in den Jugendbünden eine Aufbruchstimmung, die auch zu Generationenkonflikten führte. Dieser Aufbruch konnte zu einem liberalen Einsatz für ein selbstbestimmtes Judentum in der Schweiz oder dann in Israel zur Verwirklichung der zionistischen Ideale führen. Als grundsätzliche Frage in dieser Auseinandersetzung bleibt, ob eine säkulare Denk- und Lebensweise als jüdisch und damit Säkularismus als eigener Strang der jüdischen Tradition gelten kann.
In der gleichen Zeit wurde die Schweiz zum Schauplatz des Nahostkonflikts wie der Beitrag über den Terroranschlag gegen die Swissair-Maschine zeigt, die am 21. Februar 1970 über Würenlingen abstürzte. Würenlingen ist die Nachbargemeinde des einstigen «Judendorfs» Endingen, und die Hälfte der Todesopfer waren jüdisch bzw. israelisch.
Ein abschließender Beitrag in diesem Themenfeld stellt Lebensschicksale aus dem Aargau vor, deren Besonderheit ihre Verstrickungen in eine Vielzahl bruchstückhafter Vergangenheiten ist, «welche letztlich die Erzählung einer jüdischen Geschichte im Aargau ausmachen» (431). Im letzten Beitrag ehrt der Aarauer Kantonsschulrektor Zsolt Balkanyi-Guery den Rabbiner Aron E. K. Müller als «seinen Lehrer».
Das Themenfeld «Minhag Suisse. Multikulturelle Erbschaften und Reaktualisierungen» steht unter jenem jüdischen Begriff, der den lokalen Brauch im weitesten Sinn meint: in Ritual und liturgischer Praxis als sprachliches Idiom oder musikalische Kultur, aber auch in kommunalen Idealen, alltäglichen Spruchweisheiten und kulturellen Eigenheiten. Aus kulturwissenschaftlicher Sicht skizziert Konrad J. Kuhn am Beispiel der Disziplin «Jüdische Volkskunde» eine Wissensgeschichte regionaler Sprach- und Kulturforschung. Dabei beschäftigt er sich namentlich mit einem Vertreter und einer Vertreterin dieser Disziplin: mit Eduard Hoffman-Krayer, dem Gründer der Schweizerischen Kommission für jüdische Volks¬kunde, die im Rahmen der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde wirkte, sowie mit Florence Guggenheim-Grünberg, der Erforscherin jüdischer Kultur und Sprache. Dies führt schließlich zur Frage, welchen Stellenwert die Arbeiten der Subdisziplin «Jüdische Volkskunde» für eine heutige Kulturforschung, insbesondere eine Kulturwissenschaft pluraler Alltagswelten, einnehmen.
Die weiteren Beiträge in diesem Themenfeld sind Miniaturen namentlich zu Sprache und Kultur. Vorgestellt wird so der von Benedikt Eppenberger, der in der Nähe von Endingen aufgewachsen war, zusammen mit den Zeichnern Gregor Gilg und Barbara Schrag geschaffene Comicband «Golem im Emmental». Sodann Papa Moll, eine der bekanntesten Kinderbuchfiguren, die von Edith Oppenheim-Jonas aus Baden erfunden und gezeichnet wurde. Die Germanistin Barbara Piatti geht Geografien, Schauplätzen und projizierten Räumen in Charles Lewinskys Familiensaga «Melnitz» nach. Unter dem Titel «Die Sommerbühne» beschreibt die Historikerin Shifra Kuperman die Bäderkultur, in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fester Teil des jüdischen Gesellschaftslebens, «im Spiegel der jiddischen Literatur und Presse».
Die letzten Beiträge dieses Themenfeldes widmen sich dem Surbtal und bieten eine Sammlung typischer Back- und Kochrezepte sowie eine Skizze des jüdischen Musiklebens in Endingen und Lengnau. Das spezifisch jüdische Musikschaffen im Surbtal ist vor allem durch die Verwendung des so genannten Surbtaler Jiddisch gekennzeichnet. Dieses Idiom ist mit der Auswanderung der jüdischen Familien aus Endingen und Lengnau ausgestorben. In einem sprachgeschichtlichen Beitrag wird das Surbtaler Jiddisch als westjiddischer Dialekt und seine Interaktion mit dem Schweizerdeutschen dargestellt. Florence Guggenheim, die als Sprach und Kulturforscherin mit der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Zürich gewürdigt wurde, arbeitete eng mit Max Weinreich und seinem Sohn Uriel Weinreich zusammen, beide amerikanische Linguisten mit osteuropäischer Herkunft; dieser Zusammenarbeit ist ein eigener Beitrag gewidmet.
Neben dem schon seit 2009 eingerichteten jüdischen Kulturweg ist neu ein Begegnungszentrum geplant, das Projekt Doppeltür. In Lengnau und Endingen sind Doppeltürhäuser zu finden. Der Sinn dieser Wohnform ist historisch strittig. Die wie eine Legende vermittelten Deutungsangebote entwickelten sich im Laufe der Zeit zu einem einzigartigen Symbol, zu einem Sinnbild für das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft. Mit diesem Symbol wird die zwei Jahrtausende alte jüdisch-christliche Geschichte an einem lokalen Ort veranschaulicht. Das Begegnungszentrum soll seine Türen 2024 öffnen. Eine wichtige Zielgruppe sind dabei auch die Schulen. Das entsprechende Angebot wird sich am Lehrplan 21 orientieren und unter Einbezug weiterer Bildungsinstitutionen und fachleute erarbeitet. Die-sem Vermittlungsprojekt ist der Schlussbeitrag gewidmet. Im Anhang finden sich Angaben zu Quellen, Literatur sowie Register.

Zitierweise:
Weibel, Rolf: Rezension zu: Picard, Jacques; Bhend, Angela (Hg.): Jüdischer Kulturraum Aargau, Zürich 2020,. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 116, 2022, S. 478-482. Online: https://doi.org/10.24894/2673-3641.00127

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